I wie Intergeschlechtlichkeit
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Einige Menschen besitzen bei ihrer Geburt weder eindeutig männliche noch klar weibliche Geschlechtsmerkmale an ihrem Körper, sondern eine Mischung von beidem. Sie werden deswegen als zwischen- oder intergeschlechtlich bezeichnet. Diese Zwischengeschlechtlichkeit kann sich dabei deutlich sichtbar in der Anatomie oder auch weniger offensichtlich hormonell beziehungsweise chromosomal zeigen. Wegen dieser verschiedenen Formen, einer häufiger angepassten medizinischen Klassifikation und unterschiedlichen Definitionsbegriffen, gibt es keine eindeutigen Zahlen zur Verbreitung von intergeschlechtlichen Menschen. Manche Untersuchungen nennen dazu eines von rund 1000 Neugeborenen, andere identifizieren einen Fall bei 5000 Geburten. Auch wenn nur in wenigen Fällen dadurch gesundheitliche oder medizinische Probleme auftreten, entscheiden sich Eltern und Ärzte häufiger für eine frühzeitige Korrektur etwa durch chirurgische Eingriffe und Hormonbehandlungen. So wollen sie den Kindern hauptsächlich spätere Diskriminierung ersparen, die selbst in diesen aufgeklärten Zeiten nach wie vor stark verbreitet ist. Bei der hormonellen Stoffwechselstörung PCOS – ebenso als PCO-Syndrom bekannt – kann es bei Frauen im Laufe des Erwachsenenlebens zu Folgen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Unfruchtbarkeit kommen. Das Syndrom tritt bei fünf bis zehn Prozent der Frauen auf und zählt nach einigen Definitionen genauso zu den Intergeschlechtlichkeitsformen. Dieses vergrössert den Kreis der Betroffenen, insbesondere bei Frauen, auf ein paar Millionen – allein in Deutschland. Lange wurden ihre Besonderheiten auch unter dem Begriff der Intersexualität zusammengefasst. Dieser wird mittlerweile jedoch nur selten genutzt, um Verwechslungen mit einer sexuellen Orientierung zu vermeiden und eindeutige biologische Geschlechter endogeschlechtlicher oder endosexueller Personen weniger zu betonen.
Uneindeutige Geschlechtsmerkmale sind kein Phänomen der Neuzeit. Schon in der griechischen oder römischen Antike kannte man Menschen mit männlichen und gleichzeitig weiblichen Geschlechtsmerkmalen. Griechische Sagen schrieben ihnen sogar göttlichen Ursprung zu: Die Gottheiten Aphrodite und Hermes sollen danach den Sohn Hermaphroditos gezeugt haben. Als dieser eines Tages die Liebe der Nymphe Salmakis zurückwies, soll diese die Götterwelt angerufen und um eine Vereinigung mit ihrem Angebeteten gefleht haben. Die Götter erfüllten ihr den Wunsch auf besondere Weise und verbanden die beiden zu einem Zwitterwesen aus Mann und Frau. Teilweise wurden solche Zwitter in Kulten verehrt, vielen galt Hermaphroditismus aber eher als Zeichen kommenden Unheils. Hermaphroditen wurden dann oft brutal verfolgt und ertränkt. Später im Mittelalter schuf die Kirche jedoch schon früh die Gesetzesgrundlage, dass sich Betroffene mit Eintritt der Volljährigkeit einmalig für ein Geschlecht entscheiden konnten. Diese Option blieb bis in die Moderne der bevorzugte Umgang mit Inter- oder Transgeschlechtlichkeit. Während transgeschlechtliche Menschen selbst den Wunsch hegen, ihr biologisches Geschlecht zu ändern, drängte der Staat von Amts wegen auch bei allen anderen lange auf eine eindeutige Zuordnung mit medizinischen Maßnahmen. Zu diesen zählen unter anderem die operative Anlage einer Vagina, die Verkleinerung von Klitoris und Vagina oder die Entfernung von Hoden – immer begleitet von längeren Hormonersatztherapien. Für ein drittes Geschlecht gab es bis zur Entstehung von Gender und der Akzeptanz einer über das biologische Geschlecht hinausgehenden Geschlechtlichkeit keinen Platz. Heute sieht das in Deutschland und den meisten westlichen Ländern ganz anders aus.
Schon seit 2013 besteht hierzulande die Option, in Ausweis oder Personenstandsregister auf einen Geschlechtsantrag zu verzichten. Fünf Jahre danach wurde es 2018 außerdem möglich, neben einem Eintrag als männlich oder weiblich die Variante „divers“ zu wählen. Sie steht allen offen, die sich unabhängig von konkreten geschlechtlichen Merkmalen als nicht-binär sehen. Vorher waren sie stets gezwungen, offiziell das eine oder andere Geschlecht anzunehmen, was in der Regel den überwiegenden Geschlechtsmerkmalen entsprechen musste. Die Zahl geschlechtsangleichender Eingriffe bei kleinen Kindern ging dennoch kaum zurück in den letzten Jahren. Seit 2021 gilt zwar in Deutschland ein grundsätzliches Verbot solcher Operationen bei nicht zustimmungsfähigen Kindern, aber dieses beinhaltet eine längere Reihe von Ausnahmen, so dass in der Praxis die Häufigkeit der Eingriffe noch eine Weile anhaltend hoch bleiben dürfte.