Mit Pauken und Trompeten
David LaChapelle ist zurück
© David LaChapelle
Der US-amerikanische Fotograf David LaChapelle meldet sich dieser Tage mit zwei neuen Bildbänden zurück: „Lost + Found“ und „Good News“, beide erscheinen im Taschen-Verlag. Der Künstler begeistert und verstört gleichermaßen, was aber wohl die Faszination seiner surreal-kitschigen und oft übersexualisierten Werke ausmacht. Sein Sujet changiert zwischen Popcorn und Porno sowie einer fast nicht zu ertragenden Künstlichkeit, die vielleicht auch den Meister selbst erschöpfte, der daraufhin eine Weile abtauchte.
Die Popkultur ist das Fundament seines Schaffens, was er immer wieder mit spirituellen Anleihen anreichert, besonders eindrucksvoll ist das bei den Bibeldarstellungen der Serie „Jesus is my homeboy“ zu sehen, für die sich der amerikanische Künstler an großen Künstlern der Kunstgeschichte orientierte – darunter Leonardo da Vincis „Abendmahl“ oder Michelangelos „Pietà“. Letztere ist nicht nur die berühmteste Sterbeszene der Kunstgeschichte, sondern auch LaChapelles bekanntestes Sujet: Bei ihm wird die Maria allerdings von Courtney Love gegeben, die Jesus in ihren Armen hält, der hier vom Grunge-Idol Kurt Cobain dargestellt wird. Der Bezug zur Popkultur wäre damit sicher gestellt.
Jetzt ist der am 11. März 1963 in Connecticut geborene LaChapelle wieder da und einige Bilder aus den zwei neuen Bildbänden atmen den Spirit, den er, wie sollte es anders sein, in einem Nudistencamp auf Hawaii fand, in das er sich 2006 zurückgezogen hatte, um wieder auf Null zu fahren. Aber auch ältere Arbeiten, die noch nie in Buchform erschienen sind, werden zu sehen sein: Darunter Bildnisse von Ikonen der Popkultur wie Courtney Love, Tupac, Michael Jackson, Lana Del Rey, Pamela Anderson oder Elizabeth Taylor. LaChapelle prägte in seiner ureigensten Ästhetik eine ganze Ära und es bleibt abzuwarten, ob die beiden neuen Bildbände dies auch leisten können. Einen Abriss über den Zustand der Welt in den letzten zehn Jahren, können sie mit Sicherheit leisten.
LaChapelle ist aber nicht nur Meister darin, in seinen Kompositionen bekannte Werke der Kunstgeschichte neu zu interpretieren, sondern spielt – besonders im ersten Teil seiner neuen Bildbände – mit den Vorstellungen von Weiblichkeit und Schönheit. „Lost + Found“ bietet noch weitere Schlüsselmomente zu Problemen der Zeit, in der wir leben. Es geht um Naturkatastrophen, übersteigerten Schönheitswahn, Dekadenz, Krieg und Armut. In „Good News“ hingegen, bewegt sich der Künstler weg von irdisch-materiellem Leben, hinein in das biblische Paradies und interpretiert ohne Angst vor Blasphemie, altehrwürdige Bibelgeschichten neu und zwar in LaChapelle-Manier: In greller Werbeästhetik, die das Vertraute ad absurdum führt. Damit ist nun das letzte Kapitel der fünfbändigen Anthologie LaChapelles, die er mit dem Werk „LaChapelle Land“ vor 18 Jahren begann, gefolgt von „Continued with Hotel LaChapelle“ (1999) und „Heaven to Hell“ (2006) erschienen.
Wer, wenn nicht der legendäre Andy Warhol selbst, hätte Ender der 80er-Jahre in New York, den damals 17-jährigen Jungen entdecken und ihm die Tür zur internationalen Kunstszene öffnen können. Seine ersten Arbeiten erschienen in Warhols Kultmagazin „Interview“, von da aus war es nur ein kleiner Schritt in Zeitschriften wie „Vogue“, „New York Times“, „GQ“ und „Vanity Fair“ veröffentlicht zu werden. Fast logisch: LaChapelle war auch mit Künstler-Größen seiner Zeit wie etwa Keith Haring oder Jean-Michel Basquiat befreundet, die allesamt durch Warhols Factory wirbelten. Es gibt kaum einen Star, den LaChapelle nicht schon vor der Kamera hatte. Seine Liste reicht von Pamela Anderson über David Bowie, Michael Jackson, Hillary Clinton, Miley Cyrus, Lana Del Rey bis hin zum unvermeidlichen Kardashian-Clan. Eines ist sicher: Seine Motive werden ihm nie ausgehen, denn Prominente wird es immer geben!